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Hochrangiger Mathematik-Kongress im Ruhrgebiet

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Logo 11. Weltkongress für Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik © Bernoulli-ims
Zum ersten Mal ist eine deutsche Universität Gastgeberin des hochrangigen Weltkongress für Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik. Die Ruhr-Universität Bochum richtet die 11. Auflage für die Bernoulli Society und Institute of Mathematical Statistics aus.
Premiere für die Mathematik der UA Ruhr: Über 1.000 Forschende treffen sich vom 12. bis 16. August zum Weltkongress für Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik an der Ruhr-Universität Bochum.

Zum ersten Mal überhaupt ist eine deutsche Universität Gastgeberin dieses hochrangigen Kongresses, der nur alle vier Jahre stattfindet. Umso mehr freut es die Mathematiker*innen aus Bochum, Duisburg-Essen und Dortmund, dass sie die 11. Auflage für die Veranstalter – Bernoulli Society und Institute of Mathematical Statistics – ausrichten dürfen. „Das ist für uns eine riesengroße Ehre und unterstreicht die Exzellenz der Forschenden auf diesem Fachgebiet“, sagt Prof. Dr. Martin Paul, Rektor der Ruhr-Universität Bochum.

Extreme Ereignisse vorhersagen
Inhaltlich werden sich die Vorträge neben der Fortentwicklung der theoretischen Grundlagen innerhalb der Mathematischen Statistik und der Wahrscheinlichkeitstheorie mit einer ganzen Reihe von gesellschaftlich hochrelevanten Fragestellungen befassen. Dazu gehören Fragen zu Data Science und Machine Learning, etwa der rasanten Entwicklung im Bereich des Gesundheitswesens bei verbesserten Methoden zur Vorhersage individueller Risiken. Hierbei spielt der Zufall eine Rolle und damit die Wahrscheinlichkeitstheorie.

Ein weiteres Thema ist die Extremwerttheorie. Dabei geht es darum, die Wahrscheinlichkeit extremer Ereignisse wie etwa Hochwasser, Dürre oder Starkregen möglichst im Vorhinein zu berechnen oder plausibel zu erklären. Fragen sind aktuell, wieviel wahrscheinlicher solche Ereignisse aufgrund des Klimawandels sind.

Statistische Argumente in der Rechtsprechung
Dramatische Relevanz haben statistische Argumente in der Rechtsprechung. Ein Vortrag der Tagung widmet sich etwa dem Fall „Lucia de Berk”, der jahrelang die Gerichte in den Niederlanden beschäftigt hat. Lucia de Berk war Kinderkrankenschwester. Zu einem gewissen Zeitpunkt bemerkten ihre Vorgesetzten, dass von den unerklärlichen Todesfällen in ihrer Klinik auffällig viele in genau den Schichten passierten, für die sie verantwortlich war. Es wurden Berechnungen angestellt, die belegen sollten, dass dies nicht reiner Zufall sein könne, und es wurden entsprechende Wahrscheinlichkeiten berechnet. Aufgrund dieser Berechnungen wurde Lucia de Berk wegen vielfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Prof. Dr. Richard Gill, der darüber bei der Tagung referiert, hat diese Berechnungen kritisch hinterfragt und nachgewiesen, dass die verdächtigen Ereignisse bei genauerer Betrachtung und Verwendung anderer statistischer Modelle bei weitem nicht so unwahrscheinlich waren wie die Gutachter vor Gericht dachten. Am Ende eines langen Revisionsverfahrens, das überhaupt erst nach einem Parlamentsbeschluss möglich war, wurde Lucia de Berk schließlich freigesprochen.

„Viele weitere Anwendungen sind durch Fragestellungen in den Naturwissenschaften motiviert“, erklärt Organisator Prof. Dr. Herold Dehling. „Dabei wollen wir Modelle etwa aus der Biologie oder der Physik entwickeln und mathematisch verstehen.“

Eine Bochumer Besonderheit ist die Ising-Lecture, benannt nach Ernst Ising, einem in Fachkreisen weltberühmten mathematischen Physiker, der ein mathematisches Modell zur Erklärung von Magnetismus entwickelt hat, das Tausende von wissenschaftlichen Arbeiten nach sich zog. „Er ist – was nur wenige wissen – hier in Bochum am Ostring zur Schule gegangen“, erklärt Prof. Dr. Peter Eichelsbacher vom Organisationsteam der Tagung.

Pre-Meeting für Nachwuchsforschende am Essener Campus
Bevor sich Wissenschaftler*innen von allen Kontinenten über ihre jüngsten Forschungen in Bochum austauschen, lädt die Fakultät Mathematik der UDE zum traditionellen Pre-Meeting für Nachwuchsforschende an den Essener Campus (10./11. August). Das Besondere: Die Teilnehmenden bekommen von Hauptvortragenden des Welt-Kongresses eine Einführung in das jeweilige Thema; sie präsentieren eigene Arbeiten in Poster-Sessions und können außerdem über verschiedene Aspekte der Karriereplanung diskutieren. Acht der 90 Jungforschenden haben Stipendien erhalten. Sie stammen aus Ländern des Globalen Südens, darunter China, Indien und Nigeria, und hätten ohne diese Unterstützung nicht am Pre-Meeting und Weltkongress teilnehmen können.

Fakten zur Tagung

  • Drei Viertel der Teilnehmenden reisen aus dem Ausland an.
  • Die Tagung findet alle vier Jahre statt. Die vorangegangenen Veranstaltungen waren in Istanbul, Toronto und Seoul, nächstes Mal ist der Tagungsort Singapur.
  • Die Plenar-Vorträge im Audimax sind nach prominenten Wissenschaftlern benannt, wie die Bernoulli Lecture, die Kolmogorov Lecture oder die Levy Lecture. Sie werden live auf YouTube übertragen.